The joy of dressing-up: a family inheritance?
Text by Carola Conradt from "La Vagabonde" (Catalog 2006)
“(…) Who has a grandfather, one may ask, that regularly disguises his
grandchildren as Indians and Cowboys and who then takes pictures of them; thus
creating some sort of ancestral portrait gallery of his own tribe? Karcheter’s
work “Adlerauge – Eine Geschichte am Rhein” (“Eagle-Eye – a story at the river
Rhine”) (2005), in which Judith Karcheter picked out her grandfather’s
remarkable habit as a central theme, must be especially due to the artist’s
sensitive feeling for particularly magic places, characters and events. They
always constitute the starting point of her works. Judith Karcheter explains:
“It is important to me to work out the different levels of perception: the
special experience, the personal identification, thus the transformation from
observer to participant and the process of remembering that has been triggered
in me through an event. What impression do I retain the most? What shape does
this memory assume?” The long stage of collecting and discovering things is
followed by the process of filtering. Judith Karcheter prefers to leave much of
her work to the viewer’s imagination, cutting connecting threads
(un)intentionally.
What the visitor gets to see in the space-installation “Adlerauge – Eine
Geschichte am Rhein” – a storyboard of photos, drawings, collages and texts, as
well as an accessible catwalk with Cowboy- and Indian-souvenirs, is therefore a
mere extract from a multiform creative process. Identification and memory also
constitute the frame for this work. This time, however, the artist has included
a real participant, integrating a second voice through which a special dialogue
arises. In the texts that stem from long conversations with her grandfather
both memory-perspectives are intertwined. The same happens with present and
future. They are interwoven in the accompanying film – at the latest – that
shows how, today, granddaughter and grandfather put make-up on each-others’
faces. Somehow, it’s the same way it was then, though again, it’s
different.(…)”
Verkleidungslust als Familienerbe?
Text Carola Conradt aus „La Vagabonde“ (Katalog 2006)
„(...) Wer hat schon, so könnte man fragen, einen
Großvater, der seine Enkel regelmäßig als Indianer und Cowboys verkleidet, sie
so fotografiert und sich daraus eine Art Ahnengalerie seines persönlichen
Stammes schafft? Die Arbeit „Adlerauge – eine Geschichte am Rhein“
(2005), in der Judith Karcheter diese bemerkenswerte Angewohnheit ihres eigenen
Großvaters thematisiert, verdankt sich aber wohl in erster Linie ihrem feinen
Gespür für Orte, Personen und Ereignisse, die eine besondere Magie ausstrahlen.
Sie stehen immer am Anfang ihrer Arbeiten. „Mir ist es dabei wichtig, die
verschiedenen Wahrnehmungsebenen herauszuarbeiten: das Besondere der erlebten
Situation, die persönliche Identifikation, also die Verwandlung vom Beobachter
zum Mitspieler und der Erinnerungsprozess, den das Ereignis in mir auslöst.
Welcher Eindruck bleibt am stärksten in mir zurück? Welche Form bildet diese
Erinnerung ab?“. Auf eine lange Phase des Sammelns und Erforschens folgt
schließlich die des Filterns. Judith Karcheter begrüßt es, wenn vieles in der
Unsichtbarkeit lagert und kappt bewusst Verbindungen.
Was der Besucher in der Rauminstallation „Adlerauge –
eine Geschichte am Rhein“ zu sehen bekommt, ein Storyboard aus Fotos,
Zeichnungen, Collagen und Texten sowie einen begehbaren Laufsteg mit Cowboy-
und Indianerutensilien, ist daher auch nur ein Ausschnitt aus einem
vielgestaltigen Prozess. Identifikation und Erinnerung bilden auch einen Rahmen
für diese Arbeit. Diesmal hat sich die Künstlerin allerdings noch einen realen
Mitspieler gesucht und eine zweite Stimme integriert, wodurch ein Dialog der
besonderen Art entsteht. In den Texten, die aus langen Gesprächen mit dem
Großvater hervorgingen, überblenden sich beide Perspektiven des Erinnerns.
Dasselbe geschieht mit Vergangenheit und Gegenwart. Sie verzahnen sich
spätestens in dem zugehörigen Film, der zeigt, wie sich Enkelin und Großvater
heute gegenseitig schminken – irgendwie ähnlich wie damals und doch kaum zu
vergleichen.(...)“